Ausbildung in der Gamesbranche: Fünf Fragen an…Julia Wehr (upjers)

Da im Nachgang zu unserem Ausbildungsreport 2018 zahlreiche Rückmeldungen bzw. Rückfragen bei uns eingegangen sind, haben wir uns dazu entschlossen, noch einmal etwas tiefer in das Thema „Ausbildung in der Gamesbranche“ einzutauchen und in diesem Rahmen auch die ausbildenden Betriebe zu Wort kommen zu lassen.

Den Anfang hierbei macht Julia Wehr, ihres Zeichens Fachinformatikerin für Anwendungsentwicklung und Ausbilderin beim Bamberger Browsergame-/App-Entwickler upjers.

GJG: Hallo Julia, du bist bei upjers nicht nur als Fachinformatikerin für Anwendungsentwicklung tätig, sondern bildest auch den Nachwuchs im Unternehmen aus. Magst du uns daher vielleicht einmal einen kurzen Einblick in den Ausbildungsbetrieb upjers geben?

Julia: Bereits seit 2010 bilden wir jährlich junge Menschen aus, die sich für den Beruf des Fachinformatikers Anwendungsentwicklung interessieren.

Besonders wichtig ist mir der Praxisbezug der Ausbildung. Deswegen lernen meine Azubis ihr Handwerk direkt am Projekt. Schon in der ersten Woche fangen sie an, ihr erstes kleines Spiel zu entwickeln. So geht es dann auch weiter, bis irgendwann die erste eigene Spiel-App oft noch während der Ausbildung entsteht.

Mein Ziel ist es dabei, alle wichtigen Kenntnisse zu vermitteln, sodass unsere Azubis in und auch außerhalb der Spielebranchen mit Leichtigkeit einen Job finden können. Natürlich freuen wir uns aber am meisten, wenn die Azubis sich dazu entscheiden, bei uns zu bleiben.

GJG: Aktuell sucht upjers ja noch Auszubildende für den Beruf des  Fachinformatikers (Schwerpunkt: Anwendungsentwicklung) für das kommende Ausbildungsjahr, das bei euch ab 1. September 2018 startet.

Welche Voraussetzungen sollten potenzielle Kandidaten mitbringen, die sich auf einen Ausbildungsplatz als Anwendungsentwickler bei euch bewerben?

Julia: Ich achte zunächst auf die Noten in Mathe und Englisch. Mathe zeigt mir tendenziell wie logisch der Bewerber denken kann. Englisch ist wichtig, da die Azubis später Mal sehr viel eigenständig im Internet recherchieren müssen. Mit Deutsch kommt man da leider nicht weit.

Viel wichtiger als die Noten sind jedoch die Softskills. Man mag es kaum glauben, aber als Informatiker muss man sehr sozial sein. Schließlich arbeitet man ständig mit anderen zusammen und muss Kompromisse finden.

Mindestens genauso wichtig ist die Fähigkeit, sich Lösungen zu Problemstellungen selbst zu erarbeiten. Vorgekaute Antworten gibt es nicht – hier muss man sein eigenes Köpfchen anstrengen.

Viele Bewerber, die zuvor noch nie programmiert haben, denken, dass sie keine Chance haben genommen zu werden. Programmierkenntnisse sind bei upjers aber keine Voraussetzung!

Am Besten finde ich es, wenn sich Bewerber vorher für ein Praktikum bei uns entscheiden. Dann kann man sich außerhalb eines formellen Bewerbungsgespräches kennenlernen. Außerdem können sie sich die Firma, Kollegen und vor allem den Aufgabenbereich ansehen. Enttäuschungen sind dann von beiden Seiten nahezu ausgeschlossen.

Wir suchen übrigens nicht nur für 2018! Auch junge Menschen, bei denen der Schulabschluss noch etwas entfernt liegt, sollen sich angesprochen fühlen: Wir suchen jährlich eine steigende Anzahl an Auszubildenden. Wichtig: Rechtzeitig bewerben, die Plätze sind heiß begehrt!

GJG: Unser Portal hat Ende letzten Jahres eine Übersicht mit betrieblichen Ausbildungsplätzen in der deutschen Gamesbranche veröffentlicht. Auffällig hierbei war, dass es – gemessen an der Gesamtzahl der Beschäftigten innerhalb unserer Branche – scheinbar nur wenige Unternehmen gibt, die betrieblich ausbilden. Woran glaubst du, liegt das?

Julia:  Das ist eine schwierige Frage, die ich nur mit Vermutungen beantworten kann.

Grundsätzlich kann ich mir vorstellen, dass Auszubildende als Ballast und zusätzlicher Stress empfunden werden. Genau das Gegenteil ist aber der Fall. Wenn man Azubis das nötige Vertrauen entgegenbringt, sind sie schon nach kurzer Zeit ein wertvoller Bestandteil der Firma.

Natürlich spielt aber auch der Zeitfaktor eine Rolle. Viele Firmen in der Branche sind recht klein und können nicht mit Sicherheit sagen, ob sie nach einem Ausbildungszyklus von drei Jahren überhaupt noch existieren.

Ein Thema ist auch immer wieder die schlechte Qualität der meisten Bewerbungen. Davon darf man sich nicht abschrecken lassen. Unter den rund hundert Bewerbungen, die wir jedes Jahr erhalten, finden sich immer vielversprechende junge Menschen, die wirklich motiviert sind!

GJG: Während die Zahl der Ausbildungsbetriebe in unserer Branche hierzulande relativ überschaubar ist, scheint es immer mehr öffentliche sowie private Institute/Hochschulen zu geben, die branchenspezifische Studiengänge anbieten.

Hierbei stellen sich viele Brancheneinsteiger bestimmt auch die Frage, ob eine betriebliche Ausbildung qualitativ überhaupt mit einem Studium mithalten kann.  Wie sind hier deine Erfahrungen und welche Vorteile siehst du bei einer betrieblichen Ausbildung?

Julia: Eine betriebliche Ausbildung hat sehr viele Vorteile, die leider nur allzugerne übersehen werden. Zunächst is da der offensichtliche finanzielle Aspekt. Vor allem die angesprochenen privaten Institute verlangen sehr hohe Studiengebühren im fünfstelligen Bereich (Bezieht sich auf die Gesamtdauer des Studiums; Anm. d. Red.), während man in der Ausbildungszeit vergütet wird. Nach der Ausbildung sind die Unterschiede im Gehalt marginal oder gar nicht vorhanden. Hier zählt Können und nicht ein Blatt Papier!

Man muss sich auch überlegen, ob man wirklich sein ganzes Leben lang in der Gamesbranche arbeiten möchte. Aus verschiedensten Gründen wechseln Programmierer früher oder später in andere Branchen. Mir persönlich liegt es am Herzen, dass die Azubis bei uns auch fit für den Markt außerhalb der Branche sind. Ein Studium für Spieleentwicklung bereitet dahingehend sehr branchenspezifisch vor.

Viele entscheiden sich daher auch eher für ein allgemeines Studium der Informatik. Auch das ist leider nicht unbedingt geeignet für die Spielebranche. Ich bekomme jährlich unzählige Bewerbungen von Studienabbrechern, denen das Studium viel zu theoretisch war. Auch im Arbeitsalltag hilft das Studium oft nicht weiter. Auswendig gelernte Programmiertechniken können einfach nicht mit der direkten Praxiserfahrung mithalten.

Nach der Ausbildung stehen die Azubis von upjers also einem studierten Informatikern in nichts nach. Im Gegenteil: Sie haben drei Jahre Praxiserfahrung vorzuweisen, kennen sich im Arbeitsalltag aus und haben an etlichen Projekten gearbeitet!

GJG: Du hast im Vorgespräch erwähnt, dass du dich des Öfteren mit Mythen und Vorurteilen konfrontiert siehst, wenn es um das Thema „Ausbildung in der Gamesbranche“ geht. Daher nun die Chance für Dich, einmal Klartext zu reden und falsche Vorstellungen geradezurücken…

Julia: Das Vorurteil, dass eine Ausbildung in der Spielebranche nicht mit einem Studium mithalten kann, konnte ich hoffentlich mittlerweile aus der Welt schaffen.

Nach wie vor sehe ich mich auch häufig mit Vorurteilen gegenüber der Spielebranche konfrontiert. Diese kommen oft von den Eltern junger Bewerber, bei denen Computerspiele immer noch einen schlechten Ruf haben. Sie sind zum Beispiel besorgt, dass ihre Kinder bei uns spielesüchtig werden oder unsere  Ausbildung außerhalb der Spielebranche nichts wert ist. Beides ist natürlich falsch. Abgesehen davon, dass die Azubis bei uns nicht spielen, sondern programmieren, bekommen sie umfassend alles nötig Wissen angeeignet, um in jeder Branche einsteigen zu können.

Auch dass nur männliche „Nerds“ als Programmierer arbeiten, ist ein überholtes Vorurteil. Meine Azubis sind junge Männer und Frauen, die mitten im Leben stehen. Anstatt dem Kellerkind-Klischee zu entsprechen, nutzen sie jede Gelegenheit um etwas mit ihren Kollegen zu unternehmen.

Am häufigsten passiert es jedoch, dass junge Menschen den Beruf des Spieleprogrammierers mit dem des Gamedesigners verwechseln. Als Programmierer ist man ausschließlich für die technische Umsetzung verantwortlich. Das Ausdenken von Spielideen, Features und Spielablauf ist ein eigener Beruf an sich, der sich Gamedesigner nennt.

GJG: Vielen Dank für das Interview und die damit verbundenen Einblicke in den Ausbildungsbetrieb upjers, Julia.


Alle ausgeschriebenen Stellen von upjers, inklusive der des Fachinformatiker-Azubis, findet Ihr auf Games Jobs Germany unter: http://gamesjobsgermany.de/upjers-gmbh/